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Angehörigenarbeit Teil 2

Rückblick:

Sehr lange, etwa bis in die 60er Jahre, hatten Altenheime neben ihrer ureigensten Funktion, auch die Funktion als Verwahranstalten und Armenhäuser.

Man sprach von Insassen statt Bewohnern, Siechenheimen statt Altenheimen – Begriffe, die heute nur mehr in historischen Abhandlungen zu finden sind.

Die Pflegekonzepte erschöpften sich in der Philosophie „warm, satt, sauber“. Angehörige waren, wenn überhaupt, nur marginal in die Pflege eingebunden.

Eine Zusammenarbeit zwischen Angehörigen und Heim bzw. Pflegepersonal gab es praktisch nicht, war auch von beiden Seiten nicht gewünscht oder gewollt.

Das zeigte sich auch im Hinblick darauf, dass es von den Heimen fix vorgeschriebene Besuchszeiten gab.

Die Kontakte blieben in der Hauptsache auf die bürokratische Ebene beschränkt.

Dennoch waren diese Einrichtungen für die damalige Zeit eine soziale Errungenschaft und erfüllten für die Angehörigen und Bewohner ihren Zweck.

 

In den folgenden zwei Jahrzehnten orientierten sich die Alten – und Pflegeheime zunehmend an den Organisationsformen und Pflegekonzepten von Krankenhäusern.

Bewohner wurden in einem beachtlichen Ausmaß fremdbestimmt, das heißt auf ihre persönlichen Bedürfnisse wurde kaum Rücksicht genommen.

Aufgrund fehlender Betreuung - und Pflegealternativen waren Bewohner und Angehörige gezwungen, dies so hinzunehmen.

Man versuchte, die Pflege hoch professionell zu gestalten (z. B. Hygiene, Pflegehilfsmittel…), was dem Bewohner jedoch fehlte, war die Normalität des Alltags.

In der Angehörigenarbeit wurden, wenn auch nur zögerlich, Schritt für Schritt kleine Erfolge erzielt. Die Altenheime begannen sich langsam zu öffnen.

Den Angehörigen wurde nicht mehr unmittelbar und auf viele Arten signalisiert, dass es in den Heimen fachkompetentes Pflegepersonal gibt, die genau wissen, was gut und richtig für pflegebedürftige Menschen ist. Angehörige wurden nicht mehr im selben Aussaß wie zuvor als Störenfriede empfunden.

So wurden Angehörige beispielsweise in Problemsituationen (z. B. Weglauftendenzen, Sitzwachen bei Sterbenden…) zunehmend eingebunden.

Diese Hilfestellungen wurden, mit Einschränkungen, als Entlastung des Pflegepersonals empfunden.

 

Heute ist die Zusammenarbeit mit Angehörigen in den meisten Einrichtungen stark vorangekommen, sie ist zu einer täglichen Aufgabe geworden. Den betagten und hochbetagten Menschen mit seiner Biografie und seinen sozialen Bezügen wahrzunehmen, gehört in den Pflege – und Betreuungskonzepten immer mehr zum Standard, nicht zuletzt dadurch, dass die Ausbildungsstandards des Pflegepersonal forciert wurden und gesetzlich geregelt sind.

Ansichten bzw. Aussagen, dass Angehörige ihre betagten und pflegebedürftigen Verwandten in Heime „abschieben“ und sich dann nicht mehr kümmern, ist überholt und zeigt sich auch in der Praxis anders.

Bewohner und Angehörige stellen heute wesentlich höhere Ansprüche an die Pflege und Betreuung. Charakteristisch für den Gesundheitszustand der in den Alten – und Pflegeheimen lebenden Menschen sind Krankheitsbilder wie Morbus Alzheimer bzw. andere Demenzerkrankungen und/oder eingeschränkte Mobilität. Ein Einzug in ein Alten – und Pflegeheim ist nur mehr mit einer bestimmten Pflegestufe möglich. Das heißt aber auch, dass Angehörige im häuslichen Umfeld schon jetzt viele Pflege – und Betreuungsaufgaben übernehmen und Betagte und Hochbetagte oft erst in ein Alten – und Pflegeheim einziehen, wenn die pflegenden Angehörigen an ihre Grenzen stoßen.

Die Angehörigenarbeit ist auf einem guten Weg, es bedarf jedoch Ausblicke in die Zukunft, um diesen Weg planen und somit gut vorbereitet gehen zu können

 

Zukunft:

Unstrittig ist, dass die Einbindung der Angehörigen auf die Integration der Bewohner und die Berufszufriedenheit der Mitarbeiter eine äußerst positive Auswirkung hat.

Im Rahmen der prozesshaften Weiterentwicklung der Alten – und Pflegeheime ist das Bemühen dieser Einrichtungen um die Angehörigen noch mehr als bisher zu verstärken.

Eine weitere große Herausforderung werden die unterschiedlichen Kulturen sein, aus denen die zukünftigen Bewohner kommen und von denen sie und teilweise auch die Angehörigen geprägt sind.

Die Alten – und Pflegeheime werden der Sichtweise der multikulturellen Betreuung und Pflege immer mehr Bedeutung beizumessen haben. Die verschiedene Pflege – und Betreuungsformen sind entsprechend zu entwickeln und aufeinander abzustimmen.

Die Qualität in allen Bereichen wird noch mehr als bisher nicht nur hinterfragt, sondern einer laufenden Verbesserung zu unterziehen sein.

Sinngemäß wird sich auch die Angehörigenarbeit entwickeln und anzupassen haben. Neue Modelle der Zusammenarbeit werden entstehen.

Angehörige als Partner zu sehen ist nicht nur ein SOLL, sondern ein MUSS.

 

Auch erhebt sich unweigerlich die Frage, wie in Zukunft mit der Tatsache umgegangen wird, dass manche unserer Bewohner keine Angehörigen haben bzw. deren Angehörige aufgrund persönlicher Situationen oder Krankheit nicht oder nur unter erschwerten Umständen eingebunden werden können. Beispiele: Partner ist bereits verstorben, keine Kinder oder Kinder im Ausland und/oder beruflich wenig abkömmlich, beide Partner gleichzeitig im Heim.......

Solche Umstände werden aller Voraussicht hervorgerufen durch die Umstrukturierung der Gesellschaft und damit durch die Verkleinerungen der Familien.

Auch dafür müssen Lösungsmodelle gesucht und angeboten werden können.

 

Wenn Menschen in ein Alten- und Pflegeheim einziehen, erfolgt dies in der Regel nicht freiwillig, sondern in Reaktion auf fortgeschrittene Einschränkungen der selbständigen Lebensführung im Privathaushalt. Die Entscheidung für einen Einzug erfolgt oftmals nicht nur durch die Einsicht des Betroffenen, sondern erheblich auch auf Einfluss des sozialen Umfeldes und der professionellen Ratgeber. Dem notwendigen Verlust von individuell gestalteter Lebensform steht ein Gewinn an pflegerischer Hilfe, fachlicher Betreuung und Sicherheit in der alltäglichen Lebensführung gegenüber.

 

Die Art der Lebensführung hängt einerseits von der persönlichen Identität und Kompetenz, andererseits von der umgebenden Lebenswelt ab. Wenn pflegebedürftige Menschen in eine Einrichtung ziehen, bedeutet dies den Wechsel von einer langjährig gewohnten Lebenswelt in eine neue Umgebung.

Der Umzug ist mit einer Reihe von Umstellungsproblemen verbunden, die von den Menschen in mehr oder weniger krisenhafter Form bewältigt werden, man könnte es auch als mehrdimensionalen Kreisprozess beschreiben:

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In Pflege